«Burkaverbot ist auch Regulierung» – «Geht ums Symbol!»
Das Herausforderer-Podium in der Elisabethenkirche drehte sich oft um Freiheit, den Markt und die grossen Polit-Linien.
«Wofür brennt euer Herz?» Die an sich unpolitische Frage am Podium «Basel-Bern-Retour» in der Offenen Kirche Elisabethen vom Mittwochabend löste unter den geladenen National- und Ständeratskandidaten Baschi Dürr (FDP), Laetitia Block (SVP) und Balz Herter (die Mitte) eine spontane Debatte über das Burkaverbot aus.
Unverhofft versprach die offene Fragestellung von Pfarrer und Moderator Frank Lorenz gleich zu Beginn eine spannende Wende über politische Grundsatzfragen zu nehmen – zur individuellen Freiheit und der staatlichen Fürsorge.
Das Herz der Vize-Präsidentin der kantonalen SVP-Sektion brenne nämlich für die Debatte, für das Mitgestalten. Besonders wichtig sei Block zudem, «die viel zu vielen Gesetze und Regulierungen» zu bekämpfen. Als Juristin wisse sie, dass es davon eine regelrechte Flut gebe.
Alt Regierungsrat Dürr – dessen Herz «liberal» (um nicht zu sagen libertär) brenne – packte die Gelegenheit beim Schopf. «Was ist mit dem Burkaverbot, Minarettverbot etc.? Das sind auch neue Regeln und Gesetze, die von der SVP kommen.»
Block wollte den Vergleich zwischen Regulierungen, die etwa Firmen in ihrem Handlungsspielraum einschränken und dem Burkaverbot nicht gelten lassen. «Die Burka ist ein Symbol für die Unterdrückung der Frau». Balz Herter dazwischen: «Und die Burka ist ja wirklich auch ein brennendes Thema bei uns», hakte er sarkastisch ein.
Dürr und Block lieferten sich ein Duell, wer nun wirklich mehr für die «Freiheit» einsteht. «Was ist es nun: Freiheit qua Staat, oder Freiheit qua weniger Staat?», wollte der Freisinnige von der SVP-Kandidatin wissen.
Basler SVP-Vize-Präsidentin Laetitia Block setze sich gegen Regulierungen, für die Schweizer Neutralität und die Atomkraft ein. Bild: Damaris Thalmann / Offene Kirche Elisabethen
Krise, Klima, Krieg
Nach diesem kurzweiligen Schlagabtausch verlief die Debatte weniger konträr, zumal sich die drei bürgerlichen Herausforderer der amtierenden National- und Ständerätinnen in vielen Themenbereichen zu grossen Teilen einig waren – aber freilich nicht überall.
Podiumsdiskussion einmal anders: Die geladenen Politiker wurden weniger auf zig konkrete Vorlagen abgeklopft, oft ging es eher um die grossen politischen Linien, um Grundsätze. Frank Lorenz knüpfte an die drei grossen «K» an, welche bereits in der ersten Podiumsdiskussion mit den bisherigen Nationalrätinnen und Nationalräten die Leitplanken der Debatte legten: Krise, Klima, Krieg.
Aus aktuellem Anlass steuerte Lorenz die Diskussion im ersten Themenfeld auf die steigenden Krankenkassenprämien – ein Schwerpunkt von Balz Herters Politik. Kurzfristig müsse der Kanton die Prämienverbilligungen anheben, sagte der Mitte-Ständeratskandidat.
Er setze sich aber immer auch für den Mittelstand ein. Beispielsweise in Form des steuerlichen Abzugs der Prämien, welche Teil des Basler Steuerpakets im Frühjahr war und auf einen Vorstoss von Herter im Grossen Rat zurückgeht.
«Dekarbonisierung kommt schneller als wir denken»
Die Lösung für den fortschreitenden Klimawandel – da waren sich alle einig – liege im technischen Fortschritt. Baschi Dürr verweigerte sich dem Terminus «Krise»: «Das Wort wird inzwischen überall als Suffix angehängt. Asylkrise von rechts, Klimakrise von links.»
Dabei komme die Dekarbonisierung wohl viel eher als gedacht, gab sich Dürr überzeugt, und zwar dank der Märkte als Haupttreiber der Lösung. «Es ist klar, dass die Dekarbonisierung der richtige Weg ist. Die Firmen machen das freiwillig, und viel schneller, als wenn man jetzt hunderte Gesetze und Regulierungen erlässt».
Am Ende sei das Klima auch ein Business. Und Business, das laufe viel schneller als die Ansätze der «Klimaapokalyptiker», sagte Dürr. Überhaupt blicke er mit einer gewissen Gelassenheit in die Zukunft. «Viele Aufreger-Themen wie die Klimakleber oder die Wokeness-Debatte sind produziert», argumentierte er.
In dieselbe Kerbe schlug Laetitia Block. Der Staat habe «noch nie» die Lösung eines solchen Problems geliefert, es sei immer die Wirtschaft, die Firmen, die mit Innovation vorwärtsmachen. Sie sprach sich auch für die Atomkraft aus. Wenn es zudem um den Ausbau der erneuerbaren Energien ginge, so seien es am Ende immer die Grünen, welche diesen verhindern würden – eine Anspielung auf das versenkte Solarvorhaben im Kanton Wallis.
Waffenlieferungen an die Ukraine?
Am weitesten auseinander gingen die Meinungen beim Thema Krieg – spezifisch jenem in der Ukraine. Mitte-Kandidat Balz Herter sagte klipp und klar: «Bei einem Angriffskrieg mit einem eindeutigen Aggressor muss man Partei ergreifen.» Er befürworte deshalb auch direkte Waffenlieferungen an die Ukraine.
Dürr bezeichnete den Krieg in Europa als geopolitischen «Gamechanger». Dass es wieder soweit kommen würde, hätte er nicht gedacht. Die Debatte um die Neutralität sei überspannt «von den Links-Pazifisten zu den Rechts-Isolisten». Die Neutralität des Landes sei in der Geschichte immer wieder Neuinterpretationen unterzogen worden – auch in diesem Fall wünsche er sich das. So wie auch die offene Anerkennung, dass die Schweiz ein der Nato «zugewandter Staat» sei.
Dezidiert anders sah es SVP-Politikerin Laetitia Block. «Unsere Neutralität hat in der Vergangenheit schon sehr viel bewirkt, und sie kann es wieder tun.» Die Schweiz solle nicht den Krieg weiter befeuern, sondern am Verhandlungstisch Frieden stiften. Wenn Lieferungen, dann medizinische, und zwar für beide Seiten, meinte Block.
Ressourcen tanken in der Familie
Zum Ende kam am «Basel im Gespräch»-Podium nochmal die Frage auf, woraus die drei Anwärter auf das National- oder Ständeratsamt Hoffnung und Kraft schöpfen, in Zeiten von Krieg und Krisen. Etwa aus der Religion? Dies wurde zwar von keinem der Podiums-Gäste im Gotteshaus genannt. Aber Folgendes:
Baschi Dürr: «Ich habe ein Grundvertrauen, dass die Dinge gut kommen. Und den Antrieb, das, was nicht so gut läuft, besser zu machen.»
Laetitia Block: «Kraft tanken kann ich immer bei der Familie. Ich bin aber eine hoffnungslose Optimistin. Wenn man sich einsetzt, kann man etwas erreichen». Damit appellierte sie insbesondere auch zur Teilnahme am politischen Prozess.
Balz Herter: «Ich schöpfe Kraft aus meinem Umfeld – auch dem politischen. Das macht uns auch als Schweiz aus. Man kann sich streiten, ein anderes Weltbild vertreten, aber die Mitmenschen schätzen und am Ende des Tages zusammen ein Bier trinken gehen.»